von Max Brym am 28.05.2014
Die Europawahlen sind vorbei. In den meisten europäischen Staaten gewannen oppositionelle Kräfte deutlich an Stimmen. Die Unzufriedenheit mit dem Establishment zeigt sich jedoch auf unterschiedliche Art und Weise. In Griechenland, in Portugal, in Spanien in Irland und in Holland gewannen linke Parteien deutlich an Stimmen. Der Politik des sozialen Kahlschlages wurde in den
genannten Ländern eine deutliche Absage erteilt. Auf der anderen Seite konnten in Frankreich, England, Ungarn, Österreich und teilweise in Deutschland rechtspopulistische Kräfte und offene Faschisten deutliche Stimmengewinne erzielen. Diese Kräfte versuchten letztendlich auf der Basis des Nationalismus und des offenen Rassismus, den Unmut gegenüber der EU Bürokratie für sich zu vereinnahmen. Die politische Entwicklung in Europa zeigt deutlich:Parteien der bürgerlichen Mitte von den konservativen bis hin zu sozialdemokratischen Kräften verlieren mehr und mehr an Einfluss. Viele Menschen innerhalb der EU können sich wie in Griechenland keine warme Mahlzeit und keine medizinische Versorgung mehr leisten. Der Exportweltmeister Deutschland hat auf der Basis der kapitalistischen Konkurrenz Europa kaputt konkurriert. In den meisten Ländern Europas gibt es massiven Sozialabbau, um die Schulden bei den Banken zu begleichen. Dieses Europa der Banken und Konzerne wird immer deutlicher abgelehnt. Die entscheidende Frage ist jedoch, ob sich diese Ablehnung nach links oder nach rechts hin orientiert.
Die Bedeutung der Wahlen in Kosova
In der europäischen Presse spielen die Parlamentswahlen in Kosova am 8. Juni bis dato keine besondere Rolle. Wer nach Berichten über den Wahlkampf in Kosova in den bürgerlichen Medien sucht, sucht meist vergebens. Dennoch haben auch die Wahlen in Kosova nicht nur für die dort lebenden Menschen sondern auch für die internationale Situation eine ziemliche Relevanz. Bis dato wird Kosova als neoliberales Versuchslabor der EU behandelt. In Kosova wird getestet inwieweit Ausbeutung und neoliberale Deregulierung widerstandslos hingenommen wird. Das Parteienkartell bestehend aus PDK, LDK, AKR und AAK, steht insgesamt für Programme der sozialen Rechtlosigkeit. Daran ändert sich auch nichts wenn Ministerpräsident Hashim Thaci, jetzt kurz vor den Wahlen 200.000 neue Arbeitsplätze verspricht. Der Ministerpräsident versprach vorgestern aus einer Stadt wie Gjakova, „eine deutsche Stadt“ zu machen, wenn die Menschen die PDK wählen würden. Dümmer ist Wahlkampf kaum zu führen. Es gibt von dem oben genannten Parteienkartell nur leere Versprechungen und alle bezeichnen sich als Parteien der „rechten Mitte“ Nur die „Bewegung für Selbstbestimmung“ ( VV) hat ein konkretes soziales alternatives Programm. VV fordert ein kostenloses Bildungssystem, eine Krankenversicherung für alle, die Reaktivierung von Trepca, sowie gewerkschaftlicher Rechte. Die Finanzierungsvorhaben sind konkret durchgerechnet. Mittels eines progressiven Steuersystems gedenkt VV, die Armen zu entlasten und die Reichen zu belasten. Der einzige reale Bezugspunkt für Arbeiter, Arbeitslose, Rentner und Bauern ist VV. Das Programm von VV ist aber kein marxistisches Programm. Diese Tatsache wird von einigen Kräften in Kosova kritisiert. Dennoch bleibt festzuhalten: Nur VV stellt die soziale Frage in den Mittelpunkt ihrer Agitation und Propaganda. Menschen die an der Veränderung der Situation im Land interessiert sind beziehen sich positiv auf die „Bewegung der Selbstbestimmung“. Die VV bezeichnet sich selbst als Partei der „linken Mitte“. Selbstverständlich ist diese Eigendefinition etwas schwammig und interpretierbar. Dennoch, die sozialen und antikolonialen Forderungen im Programm von VV sind konkret und objektiv betrachtet für Kosova radikal links. Wer die Situation in Kosova verändern will muss auf alle Fälle VV wählen. Nur durch die Wahl von VV wird die berühmte Stabilität auf Kosten der breiten Massen in Kosova infrage gestellt. Ein Wahlsieg der regierenden PDK, oder ein Wahlsieg der LDK würde das arme Volk in eine tiefe Depression stürzen. Nur durch einen Wahlerfolg von VV können die Verhältnisse auch mittels verstärkter außerparlamentarischer Aktionen zum tanzen gebracht werden. Ein Wahlerfolg von VV würde deutlich machen, dass die EU Mission in Kosovo kritisch gesehen wird.
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